Minister geht...
Am 01.03.2011 berichten die Medien über einen deutschen Verteidigungsminister, der im Zuge eines mehrwöchigen Vesuches, sein Amt vor dem Hintergrund einer Plagiatsaffaire “zu halten”, zurückgetreten ist. Es steht ausser Frage, dass eine erschlichene Doktorarbeit nicht mit dem Ansehen und der Vorbildfunktion eines Ministers in Einklang zu bringen ist. Was bei dieser Affaire entsetzt, ist die Art und Weise, wie lange namhafte Politiker und gefällige Medien die Sache in einer Weise verharmlost haben, die - gelinde ausgedrückt - an Demokratiebeugung grenzt. Des weiteren entsetzt, inwieweit durch Öffentlichkeitsarbeit und -präsenz sowie bestimmte Medien gesteuerte “Sympathiewerte” dazu führen können, dass Verstand zurückgedrängt wird. Dies führte so weit, dass selbst in Sendungen wie “Hart, aber...” auf Kindergartenniveau stehende Diskussionsrunden verharmlosende “Argumente” pflegen, wie “wir sind doch alle kleine Sünderlein...”. Wie begrenzt muss ein Horizont sein, um nicht sofort zu realisieren, dass es sich hier nicht um “kleine Sünden” handelt und das Ministeramt nicht mit “unseren Positionen” vergleichbar ist; im Gegenteil, in vielen Mails lesen wir immer wieder, dass sehr viele Bürger mit dem Eindruck leben, dass sie bereits für relativ kleine Sünden zur Verantwortung gezogen werden, während Persönlichkeiten mit “parteipolitischen bzw. ministeriellen Schutzschildern” nicht oder nicht angemessen zur Verantwortung gezogen werden, wobei auch diverse konkrete Beispiele wie die Parteispendenaffaire um Herrn Kohl (u.v.m.) bezeichnet werden. Bei der vorliegend thematisierten Plagiatsaffaire und dem Unmut ihrer Akteure, sich nicht umgehend der Würde des Amtes entsprechend zu verhalten, kann freilich auch eine Rolle gespielt haben, dass ein Minister aus den Reihen der bayerischen Unionspartei betroffen war, für die seinerzeit auch problemlos ein Wirtschaftsminister amtiert hat, welcher sich im Zuge einer Trunkenheitsfahrt ein Menschenleben auf das Gewissen lud.
Ungeachtet dessen ist offenbar vor allem für ältere Mitbürger immer auffälliger, dass zunehmend Diskussionen zu Themen geführt werden, die im Deutschland eines Bundeskanzlers Helmut Schmidt angesichts einer klaren ethischen Wertung überhaupt nicht für diskussionswürdig befunden worden wären - nicht, dass die Diskussion unterbunden worden wäre, nein, es wäre einfach sofort jedem Diskussionsteilnehmer klar gewesen, dass man seine Zeit verschwendet. Erfrischend klar war in der vorliegenden Angelegenheit gottlob der Kommentar des Herrn Bundestagspräsidenten, der zu Recht davon sprach, dass die Fortsetzung dieser Zeitverschwendung “den Sargnagel des Vertrauens in die Demokratie” liefert. Es bleiben allerdings unbeantwortete Fragen: zum einen fragt man sich, wie die Universität Bayreuth dem Politiker die höchste Auszeichnung einer Doktorarbeit “summa cum laude” verabreichen konnte, wenn die Arbeit auch handwerklich - wie von Fachleuten bestätigt - schlecht gefertigt war, und wie sich die Bundeskanzlerin bei der Verteidigung ihres Verteidigungsministers zu der absolut niveaulosen Bemerkung hinreissen lassen konnte, sie hätte ihn ja nicht als wissenschaftlichen Mitarbeiter eingestellt. Die letztere Bemerkung grenzt an eine Beleidigung der Wissenschaft, der Demokratie und letztlich des Verstandes ihrer “Untertanen”. Bleibt die Frage, welche charakterlichen Mängel denn bei einem Minister hinnehmbar sind, wenn sie denn nicht direkt aus seinem Aufgabenbereich stammen ? Aber sind denn nicht alle Mängel, aus denen ein Hang zur Täuschung und Lüge entnommen werden kann, für einen Politiker absolut tabu, oder definieren die Parteien tatsächlich die Qualität eines Politikers schon über diese Eigenschaften, weil sich das Volk eh’ damit abgefunden hat, dass Politiker hierüber per definitione verfügen und nur der dumm dran ist, bei dem es herauskommt ? Wie war das, Herr Präsident Lammert, mit dem Sargnagel des Vertrauens in die Demokratie...
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