Brot und Spiele...
Bekanntlich haben die römischen Imperatoren schon die “Kunst” beherrscht, das Volk von ihrer schlechten Politik durch Brotgaben und Gladiatorenkämpfe abzulenken und zu beschäftigen. “Brot und Spiele” sind auch für neuzeitliche Politiker willkommene Ablenkungs- und Ersatzmechanismen. Wenn auffällig viele Gesetzesvorhaben während einer Fußballweltmeisterschaft “durchgeboxt” werden, so sollte dies zu denken geben. Leider scheinen entsprechende Ereignisse jedoch auch von einer realistischen Bewertung bedenklicher Politik abzulenken und gegen sie gerichtete Protestaktionen auszubremsen. Auch wenn jedem eine angenehme Zeit mit Sportereignissen gegönnt ist: Risiko und Nebenwirkungen können enorm sein, wenn derartige Ereignisse mit politischer Berechnung genutzt werden.
So merkwürdig es auch klingen mag, auch unabhängig von besonderen Sportereignissen u.ä. werden wir heutzutage permanent von einer effektiven Wahrnehmung der demokratischen Einflussnahme abgehalten. Während die an anderer Stelle behandelten Intransparenzen heutzutage die konkrete Beurteilung politischer Meinungsbildung und Entscheidungsträger extrem behindern, sind sich namhafte Wissenschaftler einig, dass auch unser Lebensrhythmus schlechthin auf “Demokratiefeindlichkeit” programmiert ist. In einer auf Konsumzwänge ausgerichteten Alltagshetze, in der die meisten Menschen das Gefühl empfinden, ihnen läuft die Zeit davon, wird nicht nur falschen Wählerentscheidungen der Weg bereitet, weil das “immer mehr haben müssen” zum Leitgedanken wird. Auch die Teilnahme an politischen Prozessen selbst wird auf ein Minimum reduziert, weil der Mensch viel zu viel Zeit für den Verdienstprozess verplempert, der ihn in die Lage versetzen soll, auch u.U. völlig unnötige Produkte zu erwerben. In der “Zeitwissenschaft” herrscht mittlerweile kein Zweifel mehr, dass der Bürger von den vordringlich vom Profitdenken gelenkten Wirtschaftsunternehmen auch mit der Nebenwirkung auf für ihn völlig überflüssige Waren programmiert wird, dass er von demokratischen Prozessen abgelenkt bzw. von vorne herein auf Fehlbewertungen ausgerichtet wird. Dies folgt letztlich aus der Tatsache, dass Zwangskonsumenten im Umkehrschluss oftmals überhaupt nicht mehr fähig sind, zu erkennen, dass sie ohne die Erzeugnisse, denen sie durch den “Verkauf” ihrer Lebenszeit nachhetzen, i.d.R. aus zweierlei Gründen glücklicher wären: zum einen, weil sie über mehr Zeitpotential für wirklich wichtige Dinge verfügen würden, zum anderen, weil sie ein überflüssiges Produkt weniger besässen. Nun könnte man argumentieren, dass des Menschen Wille sein Himmelreich ist, also der Produktbesitz auch dann zu einem positiven Effekt führt, wenn der “Unwissende” mit dem Erreichen des Besitzes ein Erfolgserlebnis verbindet. Ungeachtet der Bezweifelbarkeit dieser These, spricht jedoch die Tatsache, dass die Zeit unwiederbringlich verloren ist und dies die meisten Menschen im Nachhinein früher oder später auch negativ wahrnehmen, ein klares Endresultat aus. Wir fühlen uns sehr oft - wie jeder bei sich selbst nachvollziehen mag - ”danach” schlecht, sind jedoch vor dem Hintergrund der kapitalistischen Profitmechanismen kaum in der Lage, bei dem jeweils für uns “bedrohlich” werden Produktfeld zu widerstehen. Aber nicht nur der letztlich “gefühlt schlechte Zeiteinsatz” ist die Folge. Nein, der Konsumzwang dringt von so vielen Seiten auf uns ein, dass der Zeiteinsatz auch zur “Hetze” wird. Wir verlieren also nicht nur unnötig Lebenszeit, NEIN, wir machen uns auch für die wenige, verbleibende Zeit krank, weil wir unseren Lebensrhythmus unnatürlich beschleunigen. Wer ist sich dieser Situation wirklich bewusst ? Hand hoch ! Die Zeitwissenschaftler sagen: Niemand wirklich! Sie sagen, dass Leben ohne Musse nicht als wirkliches Leben begriffen werden kann, weil der schnellere Rhythmus nicht wirklich mehr erlebbare Zeit bringt, bestenfalls die Illusion hierfür. Die Risiken und Nebenwirkungen, auf die kein Arzt oder Apotheker hinweist, sind jedoch gigantisch! Weitere interessante Ergebnisse der Zeitwissenschaft - hier möchte ich beispielhaft auf die einschlägigen Publikationen von Herrn Prof. Karlheinz Geißler verweisen - zeigen vor dem angerissenen Hintergrund auf, wie verheerend viele aktuelle Errungenschaften wie z.B. Handys auf die dargelegte Situation wirken (wir alle wissen, über wieviel Geld die Person verfügen müsste, die bei einem zukünftigen Eindeutigkeitsnachweis (?) einer auch nur geringfügigen Schädigung des Menschens durch den Handygebrauch bzw. erforderliche Funkmasten, ein Handyverbot durchsetzen wollte !). Als Fazit soll vorliegend nur nochmals hervorgehoben werden, dass neben den mittelbar krank machenden Wirkungen des Konsumzwangs auch eindeutig spürbare Tendenzen in kapitalistisch ausgeprägten Wirtschaftssystemen feststellbar sind, dass die Folgen des Konsumzwangs einer aufmerksamen Einflussnahme des Bürgers auf die demokratische Meinungsbildung entgegenwirken.
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