BVG-Urteil zum Fiskalpakt und ESM...
Im Herbst 2012 ergeht das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dass Fiskalpakt und ESM unter der Voraussetzung der Einhaltung bestimmter Auflagen durch die Bundesregierung verfassungsgemäss sind. Ungeachtet der Tatsache, dass etwas merkwürdig anmutet, wenn die Beschwerdeführer in der Öffentlichkeit als Verlierer dargestellt werden, obgleich doch ihre Vorgehensweise bereits wegen der Auflagenerteilung als erfolgreich gewertet werden müsste, ist diese Entscheidung sicher nicht unbedenklich. Es war klar, dass das Gericht eine undankbare Aufgabe zu erfüllen hatte: wäre es für eine klare Ablehnung eingetreten, so hätte es - wenn der EURO untergeht, was nicht wenige nicht grundlos für unabwendbar halten - ganz schnell den “schwarzen Peter” als möglicher Auslöser des Niedergangs der EU; auf der anderen Seite steht freilich die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder auf dem Spiel, deren “fiskalische Perspektivenlosigkeit” womöglich durch eine Zulassung entschieden verstärkt wird.
Ob nun ein - mittlerweile nach Auffassung vieler bereits durch die EZB unterlaufenes - Beteiligungslimit von 190 Milliarden die salomonische Entscheidung darstellt, dürfte tatsächlich zu bezweifeln sein. Denn grünes Licht auch für die Haftung in diesen kaum vorstellbaren Dimensionen zu geben, setzt nach unserer Auffassung voraus, dass eine mehr als realistische Chance finanziert wird. Bei der aktuellen Situation Europas, in der wir den tatsächlich armen Bewohnern “notleidender” Mitgliedsstaaten der EU jedwede Hilfe einschränkungslos gönnen, jedoch keine Gewährleistung sehen, dass nicht wieder “Schuldige” und Profiteure finanziert werden, sind wohl zwei Dinge - gelinde ausgedrückt - nicht auszuschliessen:
- zum einen, dass der aktuelle Leistungsempfänger Druck für nachzuschiessende Beträge dadurch ausübt, die bereits empfangenen Beträge bei Aussetzung weiterer Zahlungen für verloren zu erklären und
- zum anderen, dass weitere, notleidende Länder mit Forderungen nachziehen, bei denen sie sich auf ihre Gleichbehandlung mit dem Vorgänger berufen.
Beide sehr wahrscheinliche Konstellationen zeigen deutlich, wie schnell die Haftungszulassung selbst “notleidend” werden kann und wieviel für klare Konsequenzen im Zuge eines Vertragsbruchs durch Mitgliedsstaaten spricht, damit das Fass seinen Boden nicht verliert. Freilich wurde auch Deutschland in der Vergangenheit im Zuge der Überschreitung der 3% Marke bei der Staatsverschuldung “privilegiert behandelt” - was erkennen lässt, wohin der Weg führen kann, wenn man Verträge im Nachhinein mit Blick auf ungünstige Ergebnisse und Verpflichtungen aufweicht. Muss man hiernach aber auch “Abstriche” in der Vernunft hinnehmen, weil nunmehr Solidarität um jeden Preis “alternativenlos” geworden ist ?
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