Bewertungsportale...
2012 wurde in der Presse von einem höchstrichterlichen Urteil berichtet, in dem ein Zahnarzt sich erfolglos vor Gericht gegen seine Bewertung in einem Bewertungsportal gewehrt hat. Wir können hier nicht beurteilen, inwieweit er fehlbewertet worden ist. Allerdings ist die Gerichtsentscheidung erheblich “über das Ziel hinausgeschossen”, als sie es als grosse demokratische Errungenschaft im Sinne des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung bezeichnete, wenn derartige Portale Bürgern im Internetzeitalter Orientierungshilfen für die Qualität der Bewerteten an die Hand geben. Diese Einschätzung geht insoweit vollkommen an der Wirklichkeit vorbei, als Bewertungsportale zunächst immer nur nicht repräsentative Ausschnittbewertungen reflektieren können, deren Übertragbarkeit absolut in Frage steht. Noch schlimmer wiegt die Tatsache, dass mit dem Aufkommen der Bewertungsportale straff organisierte Agenturen auf den Plan gerufen wurden, welche für Geld Bewertungen im positiven wie im negativen manipulieren. So gilt als erwiesen, dass etwa Hotels Agenturen beauftragt haben, zahlreiche unauffällig unterschiedliche positive Bewertungen in der fingierten Eigenschaft als Hotelgäste bei einem bekannten Hotel-Bewertungsportal zu platzieren. Die Hotelgäste buchten hierauf das Hotel vermehrt, so dass die Investition des Hotels sich als gewinntragend erwiesen hatte. Ähnliches hat sich auch in anderen Bewertungsportalen abgespielt. Schliesslich war es kein grosses Problem, die Manipulationen absolut unauffällig durchzuführen.
Dass die Portale selbst an der fingierten Manipulation in nicht unerheblichem Umfange verdienen, lässt sich ausmalen - ebenso, wie hoch die Motivation eines Portals sein muss, die Authentizität eines Eintrags zu gewährleisten. Alles in Allem dürfte hiernach ein Bewertungsportal unabhängig von einer möglichen “Bösgläubigkeit” in der Lage sein, - gelinde ausgedrückt - falsche Eindrücke zu erwecken, mit enormem Multiplikator zu verbreiten und hierdurch Informationssuchende hinters Licht zu führen und zu schädigen. Bleibt abzuwarten, ob dem zuvor bezeichneten Gericht seine eigene Bewertung behagt, wenn die betreffenden Richter von ihrer enttäuschten Kundschaft in einem Richterportal per “freier Meinungsäusserung” auf den öffentlichen “Prüfstand” gestellt werden. Wie immer wieder auf dieser Seite thematisiert, besteht auch in diesem Zusammenhang die dringende Notwendigkeit, dass eine wirklich kompetende Regierungsstelle endlich die internet- bzw. medienrechtlichen Rahmenbedingungen zeitgemäss und grundlegend reformiert, so wie es etwa in Australien gelungen ist. Definitiv widerlegt ist die aus Regierungskreisen oftmals gehörte Auffassung, vorhandene Regelungen und vorhandene Institutionen könnten die Missstände bei richtiger Anwendung sachgerecht in den Griff bekommen...
Manipuliert wird aber nicht nur in Bewertungsportalen. Unlängst wurde bekannt, dass überraschend viele wissenschaftliche Veröffentlichungen im Internet und in Print-Medien zwecks “werbewirksamer” Manipulation der Leserschaft mit Wissen der formell ausgewiesenen - und entsprechend honorierten - Autoren von der Industrie bezahlten Ghostwritern geschrieben werden. Misstrauen ist also heutzutage leider durchwegs angezeigt. So wurden etwa medizinische Fachartikel über die Wirksamkeit bestimmter Medikamente gegen Brustkrebs mit der Massgabe vom Werbetetat der Industrie “gesponsert”, dass viele betroffene Frauen der vermeintlich renommierten Autorenschaft vertraut haben, obgleich das in einem als seriös bekannten Print-Medium beschriebene Medikament in Wirklichkeit mehr Schaden als Nutzen anrichtet...
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