Bemühte Demokratie...
Die Terminologie "bemühte Demokratie" will zum Ausdruck bringen, dass Demokratie immer nur einen anzustrebenden Idealzustand umreisst. Dies führt zu dem Problem, dass ein Demokrat ein prozessorientierter bzw. bemühter Verfechter von verfassungsrechtlich flankierten Zielvorstellungen ist, die "mehr der weniger" erreicht werden. Ob sich mithin ein Politiker eventuell als "Scheindemokrat" erweist hängt davon ab, wie - verwiesen sei auf den Domainnamen dieser WEB-Site - aufrichtig er seine Ziele zum Wohle der Menschen verfolgt. Aufrichtigkeit ist eine schwer fassbare Masseinheit, weshalb hier "mehr oder weniger" starke Abweichungen vom Wohl der Allgemeinheit hin zum Wohl des Politikers unauffällig möglich sind. Dies war immer so. Was den Bürger in den letzten beiden Jahrzehnten jedoch besonders entsetzt, ist die Tatsache, dass sich die Anzeichen extrem mehren, wonach die Aufrichtigkeit vieler Politiker einem kollektiven Defizit unterliegt; anders ausgedrückt, es ist offensichtlich, dass sich eine beängstigend grosse Anzahl dieser Gruppierung nicht mehr um die Aufrichtigkeit, sondern nur um deren bestmögliche Vortäuschung bemüht. Wer demokratische Ziele nicht erreicht, sich jedoch um sie aufrichtig bemüht ("mehr als bemühen kann man sich in diesem Leben nicht!"), ist nicht zu beanstanden; wer jedoch Bemühen vortäuscht, macht sich schuldig. Damit der Kompromiss" aufrichtig bemühte Demokratie" wirklich funktioniert, muss alles getan werden, diesen Schuldigen ihr Täuschungsmanöver zu erschweren, was verständlicherweise dann auf Widerstand stösst, wenn - wie derzeit - viele gemeinschaftlich von der Täuschung profitieren. Eine Art "Kollusion" - also ein direktes oder indirektes Zusammenwirken zur gemeinsamen Abwehr lästiger Kontrollmechanismen - ist die Folge. Der beschriebene, auch parteiübergreifend wirksam werdende Zustand stellt schliesslich das Innenverhältnis zum Aussenverhältnis "fehlende Wahlalternativen" dar, was eine sehr gefährliche Konstellation ergibt: nämlich eine "totgefahrene", ausgehöhlte Demokratie, auch Scheindemokratie genannt. Nach alledem ist offensichtlich, dass in einer gesunden, also "aufrichtig bemühten Demokratie" Transparenz und Kontrollmechanismen ungeheuer wichtig sind und fortlaufend der konsequenten Erneuerung und Auffrischung bedürfen, weil eine starke Neigung vorhanden ist, sie bzw. ihre Wirksamkeit unauffällig abzubauen. Genau dies ist in den letzten Jahren in unerträglicher Weise geschehen. Bei der Aufzählung der nachstehenden Anforderungen an Transparenz und Kontrolle werden bei dem geschätzten Leser viele Erinnerungen an Beispiele wach werden, wie der gegenteilige "Defizitärzustand" in den letzten Jahrzehnten uns Vertretenen ("Volksver(t)reter?") geschadet hat:
1. Kein Politiker darf sich während seiner Amtszeit in Vertretungsorgane von Industrieunternehmen einer bestimmbaren Grössenordnung berufen lassen (Wertung: Wer die Nebeneinnahmen aus Vorstandsposten braucht, um nicht korrupt zu werden, möge sich eine andere Berufung suchen).
2. Alle Einnahmequellen, Verwebungen mit Wirtschaftsunternehmen und Spendenhintergründe politischer Parteien und ihrer Repräsentanten sind ohne Einschränkung offen zu legen (Wertung: Permanente Öffentlichkeitskontrolle möglicher Entscheidungsverquickungen!).
3. Die Amtszeit in Regierungsämtern aktiver Politiker muss vernünftig begrenzt werden, damit die Chance deutlich reduziert wird, dass der Volksvertreter einem Interessenträger längerfristig nützlich werden kann (Wertung: besser ein Verzicht auf langjährige Politikererfahrung als die Kehrseite der Korruptionsanfälligkeit angesichts korrumpierender Langzeit-Machtausübung!)
4. Es müssen Regelungen aufgestellt werden, damit Fehlleistungen von Politikern qualifiziert sanktioniert werden können (Wertung: Keine Ruhe- oder Übergangsgelder in Höhe von 70% bei messbar gemachten Fehlleistungen für anschliessendes Nichtstun!); daneben sollten qualifizierte Rücktrittsregelements für die Parteien verbindlich gemacht werden.
5. Kontrollinstitutionen wie etwa Bundes- und Landesrechnungshöfe müssen mit effektiven Sanktionsmechanismen ausgestattet werden, damit sie keine "zahnlosen Papiertiger" mit lediglichem Unterhaltungswert bleiben.
6. Es sind Vorkehrungen zu treffen, dass das Parteibuchwesen im Interesse qualifizierter Besetzung höherrangiger staatlicher Positionen wirksam zurückgedrängt wird, damit keine Degeneration staatlicher Leistungsträger eintritt (Wertung: Postenschieberei zu Gunsten von inkompetenten Parteigünstlingen und "Kriechbegabten", die die Qualität staatlicher Entscheidungsgewalt verwässern, ist gerade ein Sprungbrett korrupter bzw. eigensüchtiger Politiker!).
7. Diätenerhöhungen müssen einer verantwortlichen Kommission überantwortet werden, deren Unabhängigkeit gewährleistet ist.
8. Es sind Kontrollmechanismen vorzusehen, die hochsensibel und unverzüglich auf die in der Vergangenheit leider häufig vorgekommenen Verfassungsverstösse (z.B. das Gewaltenteilungsprinzip) politischer Parteien zu reagieren vermögen.
9. Die Medienverquickung politischer Parteien ist angesichts der immensen Manipulationsmöglichkeiten und der schlimmen Erfahrungen aus der Vergangenheit verantwortlich neu zu regeln (Rundfunkgebührenstaatsvertrag/Kirch-Media etc.).
10. Es ist sicherzustellen, dass rechtskräftig verurteilte Politiker bereits bei deutlich geringfügigeren Delikten als dies derzeit der Fall ist, sofort aus ihren politischen Ämtern entfernt werden (Wertung: Rückkehr zu einer Vorbildfunktion, für die intensive Kontrolle selbstverständlich ist); eventuell ist darüber nachzudenken, ob spezielle Kompetenzen zur Verfolgung "typischer" Politikerstraftaten bei den Ermittlungsbehörden eingerichtet werden (Korruption, Begünstigung, Verschleierungsbetrug hinsichtlich der zuvor angesprochenen Aufdeckungsverpflichtungen!).
Es gibt immer wieder lustige Geschichten, deren Erzählung einem bei nüchterner Überlegung angesichts des tragischen Wahrheitsgehaltes eigentlich “im Halse stecken bleiben müsste” - ein Erscheinungsbild, über das vor allem die wenigen qualitativ hochwertigen Kabarettisten (Dieter Hildebrandt, Ottfried Fischer, Urban Priol, Frank-Markus Barwasser (Pelzig) - um nur einige zu nennen) in diesem Lande in Ansehung zahlreicher, lachender “Problemkonsumenten” täglich nachdenken dürften. Zu Ziffer 10. fällt mir da folgende ein: In einer frühen Folge des Bullen von Tölz (Ottfried Fischer) versuchte ein Volltrunkener seinen PKW aufzuschliessen, als der Bulle von Tölz mit den Worten herannahte: “In diesem Zustand können Sie aber nicht mehr Auto fahren. Sie fahren so ja noch einen tot!” Der schwer Betrunkene drehte sich um und antwortete: “Na ja, dann kann ich ja immer noch Wirtschaftsminister in Bayern werden...”
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